Die Kirche ist wieder im Dorf

Da wagte es also der Pfarrer der katholischen Gemeinde Bürglen ein lesbisches Paar zu segnen. Das gehe nicht – das stehe schliesslich in der Bibel – und der irdische Chef des Pfarrers forderte den Pfarrer zur Demission auf. Der Kirchenrat stellt sich hinter ihren Pfarrer und suchte das Gespräch …

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Was dabei raus kam stinkt ganz gewaltig zum Himmel: Der Pfarrer darf bleiben, muss sich aber verpflichten, zukünftig weder öffentlich noch heimlich die Segnung eines gleichgeschlechtlichen Paares durchzuführen. Freudig kommentiert Bürglens Kirchenrat die Einigung: Der Fall zeige, wie christliche Konfliktbewältigung funktioniere, wenn man miteinander rede. Dass dabei allerdings Menschen, die ihre Partnerschaft doch einfach bloss segnen möchten, auf der Strecke bleiben, wird grosszügig übergangen. Ist das christliche Nächstenliebe?

Viele bewunderten den Pfarrer für den Mut, dass er sich mit der Segnung eines lesbischen Paares über die rigide Moral der Kirche hinwegsetzte und auf die von der Kirche Ausgegrenzten Lesben und Schwulen zuging. Doch dieser faule Kompromiss ist mehr als peinlich: Ob sich jetzt immer noch so viele Menschen für den Verbleib des Pfarrers einsetzen würden?

Jedenfalls wird es mit dieser Entscheidung für katholische Priester definitiv unmöglich einen gewissen seelsorgerischen Spielraum auszureizen und schwule oder lesbische Paare zu segnen. So beeilte sich ein Pfarrer, der im letzten Jahr in Zürich 70 homosexuelle Paare gesegnet haben will, zu erklären, dass er «nur» einzelne Menschen gesegnet habe.

Gott sei Dank ist die Politik diesbezüglich etwas weiter. So hat der Bundesrat letzte Woche beschlossen, die ‹Absichtserklärung von Valletta› vom Mai 2014 – anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie und Transphobie – zu genehmigen. Mit der zwölf Punkte umfassenden Erklärung unterstreichen die unterzeichnenden Staaten – also auch die Schweiz – ihren Willen, die rechtliche und tatsächliche Situation von LGBTI-Menschen zu verbessern.

Besonders wichtig ist dabei das Erfassen, Untersuchen und Verfolgen von Hassverbrechen aufgrund der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung. Heute werden Verbrechen gegen LGBTI von der Polizei nicht spezifisch erfasst, entsprechend fehlt das Wissen über das Ausmass homophober und transphober Gewalt. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass Übergriffe oft nicht gemeldet werden, weshalb pro-aktive Massnahmen besonders wichtig sind.

Eine Umsetzung der Erklärung würde gerade für Transmenschen in der Schweiz zudem endlich bedeuten, dass für die Änderung des amtlichen Geschlechts Hormoneinnahme und geschlechtsangleichende Operationen nicht mehr länger vorausgesetzt werden. Die Änderung von Name und amtlichem Geschlecht ist für Transmenschen fundamental wichtig. Denn ohne diese werden sie jedes Mal, wenn sie einen Ausweis zeigen müssen, gezwungen, sich zu outen und müssen dadurch Gewalt und Diskriminierung fürchten. Insbesondere für die Arbeitssuche spielen die richtigen Papiere und Zeugnisse eine entscheidende Rolle.