Der Papst verbündet sich mit Standesbeamtin und ein «ranghohes» Coming-out im Vatikan

Es sei ein Menschenrecht, als Beamter einer Plicht nicht nachzukommen, wenn sie gegen das eigene Gewissen verstösst, meinte der Papst während seinem Aufenthalt in den USA. Die Hintergründe zu dieser doch spannenden Aussage …

Kim Davis, Standesbeamtin

Kim Davis, Standesbeamtin

Kim Davis ist Standesbeamtin und hatte sich in ihrem Bezirk in Kentucky geweigert, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen, da dies gegen ihren christlichen Glauben verstosse. Da sie damit gegen geltendes Recht verstiess, landete sie für fünf Tag im Knast. Und der Papst ist eben der Papst und findet den zivilen Ungehorsam der Standesbeamtin so cool, dass er offenbar Standesbeamtin Davis und ihren – notabene vierten – Ehemann während seinem Aufenthalt in den USA in die vatikanische Botschaft in Washington zu einem Schwatz einlud.

Gemäss verschiedenen Meldungen habe sich der Papst bei Frau Davis für den «Mut» bedankt und mit ihr ein Gebet gesprochen. Und sie war überglücklich über das Treffen mit Franziskus, sei sie doch nur eine Standesbeamtin, die Jesus liebe.

Etwas später – auf dem Rückflug – erklärte Papst Franziskus gegenüber Journalisten, dass Standesbeamte das Recht hätten, ihrer Pflicht nicht nachzukommen, wenn diese gegen ihr christliches Gewissen verstosse.

In der Zwischenzeit allerdings dementierte der Sprecher des Vatikans: Das Trefffen mit Frau Davis  könne «nicht als Unterstützung ihrer Position in allen ihren besonderen und komplexen Wendungen» verstanden werden.

Während sich der Vatikan nicht drüber einigen konnte, wie und ob überhaupt der Papst nun Standesbeamtin Davis getroffen hat oder nicht, kam es zum wohl «ranghöchsten» Coming-out in der katholischen Kirche. Am Freitag outete sich der einflussreiche polnische Theologe und Priester Krzysztof Olaf Charamsa als schwul. Die Kraft zum Outing habe ihm die Liebe zu seinem Partner gegeben.

Und schon wieder war der Sprecher des Vatikans gefordert und gab eine Erklärung ab. Zwar verdiene Charamsa «Respekt», trotzdem sei das Outing «sehr ernst» und «unverantwortlich» und ergänzt bestimm:

Mit Sicherheit kann Monsignore Charamsa seine früheren Tätigkeiten bei der Glaubenskongregration und an den päpstlichen Universitäten nicht fortsetzen.

Beide Geschichten – der päpstliche Umgang mit der homophoben Standesbeamtin und dem Outing des «ranghohen» Priesters – sind vor allem im Hinblick auf die heute mit einer startenden Bischofssynode brisant. Reformer und Traditionalisten werden während drei Wochen über die katholische Sexualmoral – und dem Umgang mit Homosexualität – streiten. Der Ausgang ist ungewiss.

Auf den ersten Blick finde ich es absolut unverschämt, dass eine Standesbeamtin sich über geltendes Zivilrecht hinweg setzt, und sich aus religiösen Gründen weigert, Schwule und Lesben zu trauen. Allerdings bewundere ich Menschen, die das eigene Gewissen über eine Anordnung stellen. Wo und wer zieht da nun aber die Grenzen? Zeigt die Standesbeamtin aus ihrem Glauben heraus Courage? Und wird dadurch der Umgang mit Queers durch die (katholische) Kirche menschlicher? Ist Homo- und Transphobie so entschuldbar?

Echte Courage zeigte einzig Krzysztof Olaf Charamsa mit seinem Outing für die Liebe! Ob die Bischöfe und Kardinäle im Rom an der Bischofskonferenz auch couragiert entscheiden werden?