Hast du heute dein Coming-out schon gehabt?

Morgen Sonntag ist Coming-out-Day! Und heute möchte ich für einmal dich – meine liebe heterosexuelle Freundin, mein lieber heterosexueller Freund – ansprechen. Heterosexuelle sind übrigens Menschen, die andersgeschlechtlich lieben: Also Männer die auf Frauen und Frauen, die auf Männer stehen.

Und dich, mein lieber heterosexueller Mitmensch, möchte ich fragen:

Wann hast du deinen Eltern sagen müssen, dass du heterosexuell bist? Und du dabei nicht so recht wusstest, wie deine Eltern auf dieses Coming-out reagieren?

Musstest du deine Heterosexualität schon mal aus Angst vor Diskriminierung, verbaler oder sogar körperlicher Gewalt verstecken?

Bist du schon mal als geisteskrank bezeichnet worden, nur weil du bei deiner Geburt dein gefühltes Geschlecht zugewiesen bekommen hast und du dich als Mann im männlichen oder als Frau im weiblichen Körper wohl fühlst?

Hattest du schon mal das Gefühl, nicht normal zu sein und nicht die gleichen Rechte zu haben, nur weil du heterosexuell bist?

Und wann hast du dich dazu entschieden als Frau einen Mann und als Mann eine Frau zu lieben? Bist du vielleicht als Kind missbraucht worden?

Wahrscheinlich kommen dir – lieber heterosexueller Mitmensch – diese Fragen komisch vor. Und wahrscheinlich konntest du alle Fragen mit Nein beantworten. Zum Glück, finde ich, denn es ist ja ziemlich unmenschlich, wenn dich die Gesellschaft nicht akzeptieren würde – immerhin gehörst du zur Mehrheit.

Doch bist du dir bewusst, dass wir Schwulen, Lesben und Transmenschen tagtäglich mit genau diesen Fragen konfrontiert sind? Sind wir, nur weil wir als Männer Männer lieben, als Frauen Frauen oder uns bei der Geburt das falsche Geschlecht zugewiesen wurde, Menschen zweiter Klasse?

Am Sonntag ist Coming-out-Day! Und noch immer ist das erste Coming-out für Transmenschen, Lesben und Schwule eine der schwierigsten Schritte in ihrem Leben. Angst vor Ablehnung, Diskriminierung und Benachteiligung führen dazu, die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu verstecken. Das kann schwerwiegende Folgen haben: So ist die Suizidgefahr bei jungen homosexuellen Menschen fünf Mal höher als bei heterosexuellen Jugendlichen. Und bei Transmenschen sind die Zahlen noch erschreckender: 40 bis 50 Prozent haben schon ernsthaft über Selbstmord nachgedacht oder sogar mindesten einen Suizidversuch gemacht.

Lieber Hetero, findest du diese Zahlen auch so schrecklich wie ich? Dann hilf doch mit, dass sich dies ändert. Du gehörst nämlich nicht nur zur Mehrheit, sondern bist auch Teil der Gesellschaft, die den Umgang mit Schwulen, Lesben und Trans* definiert. Entsprechend machst du dich ganz klar mitverantwortlich …