Hochzeit in der Nydeggkirche

1995: Auch in dem Sommer war – wie eigentlich in jedem Jahr – nix los, über das die Medien berichten konnten. Und deshalb war es nicht verwunderlich, dass sich die Medien mit viel Text und vielen Bildern auf die Hochzeit von Bart und Stephan stürzten …

Im Editorial des ‹Ursus Insider› schrieb ich damals:

Bart Storm und Stephan Diggelmann geloben sich vor Gott ihre Liebe und geben sich das Jawort. Mit der Zeremonie wolle er ein Zeichen der Wiedergutmachung setzen, sagte Pfarrer Klaus Bäumlin vor der von ihm durchgeführten Hochzeit. Vielen homosexuellen Menschen sei durch kirchliche und gesellschaftliche Ächtung grosses Leid zugefügt worden.

Klaus Bäumlin ist mit Jahrgang 1938 in Pension und ob Bart und Stephan – damals 32 und 29 – noch zusammen durchs Leben gehen, ist mir nicht bekannt – über sachdienliche Hinweise freue ich mich. Sicher ist, dass ich damals die Hochzeit – oder besser: die Segnungsfeier – als «Akt schwuler Politik» bezeichnete.

Eine politische Ausgabe sollte die ‹Insider›-Ausgabe im Sommer 1995 dann auch sein. Überschrieben war das Heft mit «March for Glory!». Klaus M. Känzig – damaliger Mitstreiter in der Redaktion – schrieb unter dem Titel «Der bewegte Mann (oder bloss unentwegt erregt?)» einen Artikel und ich machte eine Umfrage unter Parteien. Spannend, was dabei raus kam …

Von den neun angeschriebenen Parteien beantworteten meine Fragen übrigens nur gerade vier – nämlich EDU, FDP, Junges Bern Freie Liste und SP. Und auf klare Fragen gab es klare Antworten: So beantwortete mir die SP die Frage, ob sie ein homosexuelles Mitglied der Partei für die Nationalratswahlen aufstellen würden, mit einem schlichten «Ja». Anders die EDU: «Von der Grundhaltung her wäre ein Aufstellen eines Kandidaten nach Bekanntwerden seiner Homosexualität nicht möglich.»

Meine Artikel im ‹Ursus Insider› wurden damals übrigens immer rarer. Langsam aber sicher zeichnete sich damals bereits der Untergang des Ursus Club ab und ich war vor allem mit dem Job als Vorstandsmitglied des Club beschäftigt. Wegen der misslichen finanziellen Lage des Ursus Club mussten wir eine neuartige Finanzierung des Heftes überlegen. Für einen Beitrag von 800 Franken durften solvente Mitglieder des Vereins das Schwerpunktthema bestimmen. Da gab es lange Gesichter, als die Redaktion die gewünschten Themen sah. Was schreibt man beispielsweise zum Thema «Haarige Männer»?

Ende 1996 beschlossen die HAB und der Verein Ursus Club gemeinsame Sache. Beide Vereine fusionierten ihre Publikationen. Als die erste Ausgabe der ‹BEgayNews› im November 1996 wusste ich als Vorstandsmitglied des Ursus Club bereits, dass es nur eine Ausgabe geben wird. Der Verkauf und die Schliessung der ‹Ursus Bar & Disco› war bereits vorbereitet und wurde dann auch am 14. Dezember 1996 von der Mitgliederversammlung nach heftigen Diskussionen beschlossen.

Und ich machte mit meinem Engagement für die Gay Community erstmal Pause – mein damaliger Freund André Lehmann und ich organisierten höchstens mal einen Brunch im Centro in Zürich … Vorbei war die Pause 2004: Ich moderierte meine erste GAYRADIO-Sendung auf Radio RaBe und schrieb meinen ersten Artikel im HABinfo.