«Einmal rund um die Welt»

Nach einer längeren Pause habe ich soeben eine weitere Ausgabe des Podcast von queerAlternBern veröffentlicht. Titel: «Einmal rund um die Welt». Gast: Claude Meier, der noch bis Ende März auf Weltreise ist. Und aufgenommen haben wir das Gespräch online, er in einem Starbucks sitzend am Plaza de Armas in Cusco in Peru, ich an meinem Esstisch sitzend hier in Bern.

Claude hat im April vom letzten Jahr quasi sein Leben in der Schweiz parkiert, ist in Richtung Osten auf eine Weltreise gestartet und hat bis und mit heute 33 Länder bereist. Er erzählte in unserem Gespräch über unzählige Reiseerlebnisse, Kulinarik, Weihnachten und Heimweh, Begegnungen mit Menschen – auch queeren Menschen. Und wir sprachen auch über das Älterwerden und das Reisen im Alter.

«Sech trumpiere»

Die Überschrift dieses Posts bedeutet so viel wie «falsch einschätzen, falsch beurteilen, sich irren, sich täuschen (lassen)». Ob es Zufall ist, dass im berndeutschen Wort «trumpiere» der Name des aktuellen Präsidenten der USA vorkommt?

Kurz nach seiner Vereidigung ordnet Donald Trump an, dass der Politik der Vereinigten Staaten fortan die Annahme zugrunde liegen soll, dass es nur zwei Geschlechter gibt: männlich und weiblich.

Präsident Donald Trump unterschreibt einen Erlass, wonach ab sofort an US-Einrichtungen nur noch die Fahne der Vereinigten Staaten gezeigt werden darf – sowohl im Inland als auch im Ausland. Gerade die Regenbogenfahne sei «anti-amerikanisch» und mache «traditionelle Amerikaner» wütend.

Über Washington stossen ein Flugzeug und ein Helikopter zusammen, stürzen ab. Menschen sterben – und US-Präsident Trump macht Diversitätsprogramme bei der Flugsicherung für das Unglück verantwortlich.

Und fast gleichzeitig fordert das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus des US-Bundesstaates Idaho mit 46 zu 24 Stimmen den Supreme Court auf, die 2015 ausgesprochene Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wieder zurückzunehmen.

Ich stelle mir die Frage, ob es auch bei uns in der kleinen Schweiz Spuren von «Trumpismus» gibt. Ist ein Trump auch in der Schweiz möglich? «Trumpieren» sich auch in der Schweiz Menschen?

Ich suche im Internet nach dem aktuellen Parteiprogramm der SVP und lese da eigenartiges über «Auswüchse der Trans-Kultur». Hinter eben dieser «Trans-Kultur» stehe die Behauptung, «das Geschlecht sei nicht biologisch bedingt», sondern ein «soziales Konstrukt». In der Praxis führe das zu immer mehr unverhältnismässigen und teuren Massnahmen für eine klitzekleine Minderheit. So werde etwa für das «Es» in Schulen und Öffentlichkeit eigene Toiletten gebaut. Kinder und Jugendliche würden so gerade während ihrer Identitätsfindung verunsichert, missbraucht, «um sie ideologisch zu beeinflussen». So könnten in der Schweiz seit Januar 2022 sogar «Jugendliche ab 16 Jahren Geschlecht und Vorname im Personenstandsregister in wenigen Minuten ändern lassen» – aber gleichzeitig «keine Fahrstunden nehmen». Dieser « amtlich bescheinigte Geschlechtswechsel» würde auch die Tür zum Missbrauch öffnen, beispielsweise wenn «sich Herr Müller als Frau Müller eintragen lässt» um so der Militärpflicht zu entgehen oder sich andere «Vergünstigungen zu erschleichen».

Mann oder Frau? Oder doch mehr?

«Geschlecht» ist doch eigentlich eben viel mehr als körperliche Merkmale, vorbestimmte soziale Eigenschaften oder das eigene Erleben und das äussere Erscheinungsbild. Entsprechend kennen selbst Biologie und Medizin viele Geschlechter: Das Anatomische, das Hormonelle, das Genetische, das Chromosomale und einige mehr. Bei dieser Vielzahl von Eigenschaften, kann also kaum behauptet werden, dass es nur zwei Geschlechter, nur Mann oder Frau, gibt.

Allerdings ist in unserer Gesellschaft die Einteilung in zwei Geschlechter – eben das binäre Geschlechtersystem – noch weitgehend üblich. Dabei wird allerdings übersehen: Zu welchem Geschlecht oder zu welchen Geschlechtern mensch sich zugehörig fühlt (männlich, weiblich, nicht-binär, trans) ist immer individuell.

Wir müssen uns alle bewusst sein: Wer nicht in das binäre Geschlechtersystem passt, übersehen und nicht mitgedacht wird, sich ständig erklären muss, kann darunter leiden – werden diskriminiert oder sogar angegriffen. Und das kann erhebliche, auch gesundheitliche Folgen haben, denn Vielfalt und Gesundheit hängen eng zusammen.

Machen wir uns deshalb bewusst, dass die Geschlechtsidentität vielfältig ist und dass auch eine nicht-binäre Vorstellung von Geschlecht keine Diskriminierung rechtfertigt. Seien wir uns dabei auch bewusst, dass die Geschlechtsidentität eines Menschen nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun hat. So ist meine geschlechtliche Identität «männlich» und meine sexuelle Orientierung «schwul».

An dieser Stelle möchte ich Mariann Edgar Budde zitieren. Die anglikanische Bischöfin von Washington sagte in einem Gottesdienst in der National Cathedral kurz nach der Amtseinführung direkt an Präsident Trump: «Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben. … Es gibt schwule, lesbische und transgeschlechtliche Kinder in demokratischen, republikanischen und unabhängigen Familien. Manche fürchten um ihr Leben.»

Vor zehn Jahren: Themenwechsel am Sonntag

Vor zehn Jahren lancierten Fabio Huwyler und ich für GAYRADIO das Projekt #andersnormal, das sich der «Ausgrenzung innerhalb der LGBT-Community» annehmen wollte. Wir fragten uns: Ausgrenzung in unserer kleinen Community, wo wir doch selber ständig gegen Ausgrenzung und für Akzeptanz kämpfen müssen? Kann und darf das sein?

In der GAYRADIO-Sendung vom 8. Februar 2015 habe ich dann angeregt mit dem damaligen TGNS-Präsidenten Henry Hohmann und dem damaligen Partymacher Terry Loosli über das Thema Ausgrenzung in unserer Community diskutiert.

→ zum Blogbeitrag vom 18. Januar 2015