Von Muslimen und Mehrheiten

Letzte Woche hat die deutsche Bertelsmann Stiftung eine spannende Auswertung ihres ‹Religionsmonitors› veröffentlicht. Nach einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage haben Wissenschaftler analysiert, wie Muslime in Deutschland leben und wie der Islam von der Mehrheit wahrgenommen wird. Fazit: Die Mehrheit der «ziemlich bis sehr religiösen» Muslime akzeptiert die ‹Homo-Ehe› – eine Mehrheit der nicht-muslimischen Deutschen aber nicht den Islam.

Gemäss der Studie der Bertelsmann Stiftung halten 90 Prozent der hochreligiösen Muslime die Demokratie für eine gute Regierungsform. Und:

Einer Heirat unter homosexuellen Paaren stimmen rund 60 Prozent der Muslime, die sich als ziemlich oder sehr religiös bezeichnen, zu.

Hochreligiöse Muslime tun dies immerhin noch zu 40 Prozent. Im Vergleich: 61 Prozent der Deutschen sind gemäss der Bertelsmann Stiftung der Meinung, der Islam passe nicht in die westliche Welt. 57 Prozent halten den Islam «sehr» oder «eher» für bedrohlich. 24 Prozent fordern den Stopp der Zuwanderung von Muslimen. Die Angst vor dem Islam ist zudem in Deutschland dort am stärksten, wo die wenigsten Muslime wohnen.

charlie

Gleichzeitig mit der Veröffentlichung dieser Zahlen traf der Hass auf die Vielfalt der Menschen auf grausame Weise Europa. Der terroristische Angriff am letzten Mittwoch in Paris auf die Redaktion des Satirezeitung «Charlie Hebdo» war ein Angriff auf die Pressefreiheit – und ein Angriff auf unsere Freiheit, kritisieren zu dürfen.

Menschen, die Menschen töten sind keine Muslime, Christen oder Juden: es sind Mörder. Zeigen wir – wir, die unsere sexuelle Orientierung und Geschlechtsorientierung als Selbstverständlichkeit akzeptiert haben wollen – Solidarität mit den in Europa friedlich lebenden Muslimen. Wir brauchen bei uns in der Schweiz keine «Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes». Sogenannte «christliche Werte» dürfen nicht mit Rassismus verwechselt werden. Schliessen wir uns der Meinung der Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Martine Brunschwig Graf, an:

Antimuslimische Proteste zum jetzigen Zeitpunkt sind gefährlich. Es darf auf keinen Fall mit Hass oder Intoleranz auf die Attentate reagiert werden.