Themawechsel am Sonntag

Nach dem ereignisreichen gestrigen Tagen mit einer spannenden Sitzung mit der BSM-Vorbereitungsgruppe, einer wunderbaren Liederstunde und einer lustigen Geburtstagsfeier nehme ich den heutigen Tag etwas ruhiger. Ich häng rum und lese …

Lese, dass in der Berner Vorortsgemeinde Köniz ein Mensch in kleinkariertem Hemd zum Präsidenten des örtlichen Parlaments gewählt wurde, der nicht nur Mitglied einer Freikirche ist, sondern auch nach «christlichen Werten» politisiert. Und ich lese, dass der Papst während einer Messe in Manila vor der «Gefährdung» und «Zerstörung» der Familie durch eine «Neu-Definition» der Ehe warnte und verglich – was in einem ehemaligen Kolonialland wie die Philippinen irgendwie hinterhältig ist – den Kampf gegen LGBT-Rechte mit dem Kampf gegen den Kolonialismus. Ob da der Könizer Politiker dem Papst zustimmt? Man müsste ihn fragen … Ich scrolle weiter und lese, dass Mitglieder des «Islamischen Staat» im Norden des Iraks zwei Männer nach Scharia-Recht wegen angeblicher Homosexualität hingerichtet haben. Die beiden Männer wurden vor den Augen von Schaulustigen von mit verbundenen Augen vom Dach eines hohen Hauses gestossen. Ob da der Papst auch zugeschaut hätte? Man müsste ihn fragen …

Ich brauche einen Themawechsel und lege das iPad weg. Noch letzte Nacht hatte ich auf bsm-info.ch die Anmeldeseite für die Begegnung schwuler Männer am Samstag, 18. April in Bern in der Villa Stucki freigeschaltet. Und nun hoffe ich auf zahlreiche Anmeldungen und eine rege Teilnahme – haben wir doch in den letzten Wochen in der BSM-Vorbereitungsgruppe sieben spannende Aktivitäten rund um die Themen «Reiki», «Schwule Väter», «Selbstbehauptung», «Trans*», «Bob, le Flaneur», «Alles was Recht ist» und «Von Leichtsinn und Frohsinn» vorbereitet.

Silhouettes of People Holding Gay Pride Symbol FLag

Und ebenfalls online ist seit der letzten Woche die Website andersnormal.ch. #andersnormal ist ein Projekt von gayRadio und nimmt sich der «Ausgrenzung innerhalb der LGBT-Community» an. Ausgrenzung in unserer kleinen Community, wo wir doch selber ständig gegen Ausgrenzung und für Akzeptanz kämpfen müssen? Kann und darf das sein? Eigentlich nicht! Ausgrenzung kommt aber grundsätzlich überall dort vor, wo Menschen aufeinander treffen. «Tunten» oder «Dicke» erhalten auf Datingplattformen eine Abfuhr. Für Schwule sind Lesben «Traktoren». Für Lesben sind Schwule oberflächlich und «schwanzgesteuert». Transpersonen werden auf ihre Sexualorgane reduziert. Bisexuelle sind verkappte Schwule oder Lesben. Und Behinderte sind gleich doppelt diskriminiert … Die Liste kann beliebig erweitert werden. Und wir alle haben wohl schon entsprechende Erfahrungen gemacht.

Fabio Huwyler und ich wollen in unseren gayRadio-Sendungen mit dem gewählten Jahresthema die Diskussion anregen. Ständig schwingt nämlich der Druck mit – ob wir uns das bewusst sind oder nicht – sich einem heterosexuellen Mehrheitsbild anzupassen. Oder warum bloss sehen einige von uns schrille und bunte Auftritte an Prides als kontraproduktiv? Weil sie der heterosexuellen Gesellschaft vielleicht missfallen könnten? Wir vielleicht gleicher als gleich sein wollen?