Die Hölle auf Erden?

Nachdem ich am letzten Sonntag aus terminlichen Gründen das «Wort zum Sonntag» weggelassen habe, gibt es dafür am heutigen Karfreitag ein paar Überlegungen aus meiner translesbischwulen Sicht auf die Welt. Und zum Karfreitag* passt doch ganz gut die Aussage von Jean-Marie Lovey, katholischer Bischof von Sion: Mit Blick auf die Pride vom 13. Juni sagte er in einem Radiointerview, dass es «teuflisch» sei, wenn Menschen für LGBT-Rechte demonstrieren. 

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Der 2014 von Papst Franziskus zum Bischof ernannte Lovey wirft uns LGBT vor, dass der karnevaleske Charakter einer Pride eine Verspottung des «Leidens von Homosexuellen» sei. Gleichgeschlechtliche Liebe sei zudem kein «Projekt Gottes», weil dieser doch Mann und Frau erschaffen habe. Obschon die «Delikte» von Schwulen und Lesben zu verurteilen seien, müsse – ich kann diese heuchlerische Aussage nicht mehr hören – mit uns mit Respekt umgegangen werden.

Solange wir unsere Sexualität nicht aktiv ausleben, sind wir also akzeptierte Gotteskinder. Was passiert aber, wenn wir unsere Sexualität verdrängen? Ist uns dann ein Platz im Himmel auf sicher? Während meiner sogenannten «christlichen Erziehung» habe ich gelernt, dass Jesus am Kreuz «Sünden und Schuld» auf sich nahm. Also auch die Sünde, dass ich meine Sexualität aktiv auslebe?

Aber eigentlich ist es müssig zu spekulieren «was nachher kommt». Kein Mensch – und dazu zähle ich auch die selbsternannten Vertreter Gottes – wissen, «was nachher kommt». Sie glauben höchstens «was». Dieser Meinung ist auch Esther Schläpfer, reformierte Pfarrerin im Berner Münster, die in einem Interview im ‹Bund› vermutet:

Vielleicht haben wir die Hölle eher während des Lebens, als dass sie nachher kommt.

Leiden und Leiden verursachen ist ein menschliches Problem. Warum wir Menschen die Energie nicht aufbringen, uns davon zu erlösen, bleibt wohl (vorläufig) ein Rätsel. Vielleicht weil wir zuviel «glauben» und noch zu wenig wissen?

Ich jedenfalls widme mich jetzt der Leidenschaft – und verbringe die freien Tage mit meinem Lebenspartner … Schatzi, Frühstück ist fertig!

*Der Karfreitag ist für die Christen einer der höchsten Feiertage. An ihm gedenkt die Kirche des Todes Jesu Christi – in Erwartung seiner Auferstehung. Nach  der christlichen Lehre litt und starb Jesus als «Gottesknecht» und nahm im Kreuzestod freiwillig die Sünde und Schuld aller Menschen auf sich.