Von Begegnungen und Mühlen, die fürchterlich langsam mahlen

Ein ereignisreiches Wochenende vor einer Woche: Am Samstag die ‹Begegnung schwuler Männer› und am Sonntag eine Familienfeier – meine Schwiegereltern feierten Diamanthochzeit – sind also seit 60 Jahren verheiratet … Und vor 20 Jahren haben wir an der Urne dem Schutz vor Rassendiskriminierung (Rasse, Ethnie oder Religion) zugestimmt – mit dem Wissen, dass in der Aufzählung die sexuelle Orientierung fehlt.

Lange und sorgfältig hatten wir uns innerhalb der Vorbereitungsgruppe des Vereins BSM auf diesen Tag vorbereitet und am letzten Samstag war es dann endlich soweit: Knapp 30 Männer haben sich in Bern in der Villa Stucki getroffen und sich an verschiedenen Aktivitäten beteiligt. Universelle Lebensenergie und Reiki, schwul und Vater, erkennen von Gefahren und Tipps zur Selbstbehauptung, das Trans Einmaleins und die Geschlechtsidentität, die schönen Beine von «Bob» Steffen und Leichtsinn und Frohsinn in der Berner Altstadt waren die Themen der einzelnen Aktivitäten. Es war ein toller Tag mit vielen spannenden Gesprächen – und ich freue mich nun auf die nächste ‹Begegnung schwuler Männer› im Herbst 2016, wiederum an unserem traditionellen Veranstaltungsort in Bad Schönbrunn oberhalb von Zug.

Noch im letzten Jahr hat die Rechtskommission des Ständerates «Njet» gesagt, diese Entscheidung nun aber letzte Woche korrigiert! Zugesagt hatte im März bereits der Nationalrat. Und wenn nun noch der Ständerat der parlamentarischen Initiative von SP-Nationalrat Mathias Reynard zustimmt, wird der Artikel 261 des Strafgesetzbuches mit dem Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung erweitert.

bortoluzzi

SVP-Nationalrat beschimpft Schwule und Lesben …

Die Erweiterung des Strafgesetzbuches mit dem Schutz der sexuellen Orientierung ist dringend nötig und dafür haben wir lange gekämpft. Denn noch immer werden wir öffentlich diskreditiert und beschimpft und müssen uns gegen falsche Aussagen zur Wehr setzen. Dabei bietet die Rechtslage zur Zeit keine Möglichkeit, gegen pauschalisierende und herabwürdigende Äusserungen vorzugehen. Solange keine individualisierbaren Personen genannt werden, bleiben entsprechende Aussagen ohne rechtliche Konsequenzen. Zwar sollte eine Veränderung und eine Verbesserung einer Situation tatsächlich in den Köpfen der sogenannten Gesellschaft stattfinden. Doch jede Gesellschaft braucht Richtlinien darüber, was sein darf und was nicht.

Noch haben aber die Politikerinnen und Politiker ihre Hausaufgaben noch nicht ganz erledigt: Der Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität wurde «vergessen». Ich stelle einmal mehr fest, dass die Mühlen der Politik langsam, fürchterlich langsam mahlen. Vor 20 Jahren wurde der Schutz vor Rassendiskriminierung (Rasse, Ethnie oder Religion) mit einer Mehrheit von über 54 Prozent vom Stimmvolk angenommen. Der Bundesrat begründete damals die Nichtberücksichtigung des Diskriminierungsverbotes der sexuellen Orientierung damit, die Annahme des Artikels nicht zu gefährden. Ob es jetzt wiederum 20 Jahre dauert mit dem Schutz der Geschlechtsidentität?