Brüchige Toleranz

Gemäss einer soeben veröffentlichten Studie wird von einer Mehrheit der deutschen Bevölkerung wahrgenommen, dass homosexuelle Menschen nach wie vor von Diskriminierung betroffen sind und befürworten, dass es ein gesetzliches Diskriminierungsverbot gibt.

Bei zentralen Fragen der rechtlichen Gleichstellung von lesbischen und schwulen Paaren sind die Menschen in Deutschland der Politik längst voraus. So sprechen sich acht von zehn Befragten eher oder voll und ganz für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare aus. Insgesamt drei Viertel befürworten es, wenn gleichgeschlechtliche Paare genauso wie heterosexuelle Paare die Möglichkeit erhalten, Kinder zu adoptieren.

Neben diesen überwiegend positiven Befunden zeigen die Ergebnisse der Umfrage aber auch, dass es in Teilen der Bevölkerung durchaus noch abwertende Einstellungen gegenüber homosexuellen Menschen gibt. Während offene Abwertung, wie die Stigmatisierung von Homosexualität als unmoralisch oder widernatürlich, nur von Minderheiten geteilt wird, finden sich subtilere Formen dagegen bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung. So sind beispielsweise mehr als vier von zehn Befragten der Ansicht, Homosexuelle sollten damit aufhören,«so einen Wirbel um ihre Sexualität zu machen».

Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage.

Anlass zur Sorge gibt auch, dass vergleichsweise viele vorwiegend negative Gefühle mit einem offenen Umgang mit Homosexualität in der Öffentlichkeit verbinden. Wenn sich zwei Frauen in der Öffentlichkeit ihre Zuneigung zeigen, ist dies rund einem Viertel der Befragten unangenehm. Handelt es sich um zwei Männer, die sich küssen, sind es sogar fast vier von zehn. Zum Vergleich: Bei einem Paar aus Mann und Frau wird dieselbe Situation nur von rund 10 Prozent als unangenehm bewertet. Ein offener und sichtbarer Umgang mit sexueller Vielfalt wird also nach wie vor von vielen als unangemessen oder sogar störend empfunden.

Deutlich wird auch, dass Vorbehalte und Berührungsängste umso ausgeprägter sind, je näher das Thema ins Private hineinreicht. So hätte jeweils nur gut jede*r zehnte Befragte ein Problem mit einer lesbischen Arbeitskollegin oder einem schwulen Arbeitskollegen. Wenn dagegen das eigene Kind homosexuell ist, fänden dies rund vier von zehn Befragten eher oder sehr unangenehm.

Quelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Berlin