DU QUEER DU!

Als Aktivist – nein, als Aktivist*in kam ich in den letzten Tagen ins Grübeln. Als Kind merkte ich, dass ich anders bin. Ich wurde als Weichei, als Memme, als «Meitschi» bezeichnet. Was Jungs machten – Fussballspielen etwa – interessierte mich wenig. Als ich dann entdeckte, dass ich auf Jungs stehe, verstand ich auch, warum ich ein «Meitschi» bin. Logisch, Schwule sind ja bekanntlich «weibische Männer»!

Ich habe immer wieder das Bedürfnis, mich mitzuteilen: Schreibe, blogge und mache Radio. Deshalb besuchte ich auch vor ein paar Tagen einen von den HAB organisierten Medienworkshop bei Amnesty International. Und da wurde mir bewusst: Wir Aktivist*innen schreiben und sprechen sehr oft so, dass es der heteronormative Mensch gar nicht versteht. Dieser versteht sicher nicht mal das Wort «heteronormativ» und merkt erst, was ich meine, wenn ich ihn als «stinknormal» bezeichne (und provoziere).

Letzte Woche wurde während einem Fussballspiel Schweiz gegen Deutschland in Biel von Sicherheitsmitarbeitenden eine Zaunfahne mit der Aufschrift «Fussballfans gegen Homophobie» entfernt. Grund: Weder das Schweizer Radio und Fernsehen noch der Schweizerische Fussballverband lasse Banner mit politischem Inhalt zu. Später korrigierte sich der Fussballverband. Nicht das Schweizer Radio und Fernsehen hätte vor Ort interveniert, die Aufforderung zum Abhängen des Banners sei «aus Überraschung und einer Fehleinschätzung über dessen Botschaft» erfolgt. Fehleinschätzung über dessen Botschaft? Was kann am Wort «Homophobie» falsch verstanden werden?

Die HABS streichen per sofort den Zusatz «Homosexuelle Arbeitsgruppen Basel» und ersetzen ihn mit «Queer Basel». Bei der Gründung der HABS 1972 verursachte das Wörtchen «homosexuell» den Stinknormalen noch Kopfweh. Heute ist unsere Community eindeutig noch bunter als damals – und Trans- und Intermenschen «mitmeinen», tönt ziemlich herablassend. Also ist der neue Name richtig. Und er wäre auch für die Homosexuellen Arbeitsgruppen Zürich und Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern wichtig.

Gemäss Wikipedia bezeichnet «queer» als Eigenschaftswort Dinge, Handlungen oder Personen, die von der Norm abweichen und den angenommenen Zwang zur Heteronormativität auflösen. Menschen sollen ihr Leben mit unterschiedlichen Vorstellungen, sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten in Frieden leben dürfen.

Das Eigenschaftswort «queer» als Sammelbegriff für unsere bunte Community? Perfekt! Aber versteht der «stinknormale» Mensch das Wort ohne lange Erklärungen?

Ich meine, dass «queer» perfekt als Überbegriff zu unserer Community passt und von den Stinknormalen verstanden wird – sicher besser verstanden wird als LGBTIQ*. Allerdings: Bis der stinknormale Mensch Schimpfwörter wie «Transe» oder «Schwule Sau» durch «DU QUEER DU» ersetzt hat, dauert einen Moment.