Heute findet vor dem Bundeshaus in Bern ein «fröhlich-farbiger Jungschinachmittag» statt – um gegen die Streichung der finanziellen Unterstützung durch das Bundesamt für Sport an christliche Jugendverbände zu demonstrieren. Organisiert wird die Demo vom Bund Evangelischer Jungscharen BESJ, der diese Woche wegen einem «eigenartigen» Umgang mit dem Thema Homosexualität auffiel.
Das Ziel des BESJ ist klar missionarisch, schreibt doch die Organisation unter «Dafür leben wir» auf ihrer Facebook-Seite:
Alle Kinder und Jugendliche in der Schweiz haben die Möglichkeit, das Evangelium so zu hören, dass sie sich für Jesus entscheiden können und in der Jüngerschaft gefördert werden.
Nach Homophobie-Vorwürfen wurden Bibelverse zum Thema Homosexualität auf der Website des BESJ umgehend gelöscht und eiligst eine Rechtfertigung – in der die «biblische Nächstenliebe» beschworen wird – veröffentlicht, die allerdings nicht überzeugt: Wer «Gottes Wort» unkritisch zitiert, verletzt die theologische Sorgfaltspflicht.
«Ich lebe meine Sexualität in einer heterosexuellen Ehe» – steht in einer Broschüre des BESJ für Gruppenleiter*innen. Dieser Satz ist als «Leitlinie für den Alltag» gedacht. Auf diese Weise soll Kindern «eine positive Identität des eigenen Geschlechts finden und nachhaltig gute Entscheidungen in Bezug auf Partnerschaft und Ehe treffen». Und sogar die Lebensform der Gruppenleiter*innen wird vorgeschrieben: «Als Leitende im Alltag leben wir weder im Konkubinat noch in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung».
An dieser Stelle möchte ich aus einem Post von Rahel Mühlemann auf der Facebook-Site der Jungscharen zitieren:
… Ich kann mich entscheiden, dass ich eine treue Ehe führe. Ich kann mich entscheiden, nicht zu trinken. Ich kann mich entscheiden. ob ich rauche oder nicht. Aber ich kann mich nicht entscheiden homosexuell zu sein. … Soll ich als lesbische Frau einen Mann suchen und dabei mich und den Mann verletzen? …
Eingemischt in die Diskussion hat sich auch die JEVP, die von den Medien «einen sachlichen Umgang mit der Frage der Sportförderung» fordert. Die Jungpartei schreibt: «Ob neben dem Sport Bibelgeschichten oder Räubergeschichten erzählt werden ist in diesem Zusammenhang nicht relevant».
Tatsächlich gehört das «Familienbild» des Bundes Evangelischer Jungscharen in die Welt der Märchen. Denn:
- In einer repräsentativen Umfrage befürworten 70 Prozent der Schweizer*innen eine Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare.
- Heile Welt der Vater-Mutter-Kind-Familie: Im Gegensatz zur Scheidungsquote bei heterosexuellen Paaren (knapp 32 Prozent im Jahr 2013) ist die Quote der Auflösungen von «eingetragenen Partnerschaften» mit 20 Prozent halb so hoch.
- In der Schweiz leben schätzungsweise rund 30’000 Kinder in Regenbogenfamilien – in Familien also, wo sich ein Elternteil als lesbisch, schwul oder trans* bezeichnet.
Die Arbeitsgruppe Politik der HAB erwarten heute Nachmittag auf dem Bundesplatz vom Bund Evangelischer Jungscharen ein klares Statement bezüglich der Akzeptanz und Integration von lesbischen, schwulen, bi und trans* Menschen innerhalb der Jungscharen. Uns genügt «Nächstenliebe» nicht. Wir wollen, dass unsere Lebensformen, unsere Geschlechtsidentitäten, unsere Liebe und unsere Sexualität anerkannt werden.