Jetzt ist er öffentlich, der gestern Vormittag diskutierte Entscheid der Rechtskommission des Nationalrates über die Umsetzung der vor fünf Jahren eingereichten parlamentarischen Initiative «Ehe für alle». Die Kommission hat sich, so steht es in der entsprechenden Medienmitteilung, mit 14 zu 11 Stimmen dafür ausgesprochen, die Gesetzesrevision für die Öffnung des Rechtsinstituts Ehe nicht in einer einmaligen Revision, sondern in zwei (oder mehr) Etappen anzugehen.
Für die Öffnung der Ehe auf Gesetzesstufe wurden in der Kommission zwei mögliche Vorgehensweisen skizziert: Eine einmalige Revision oder eine Umsetzung in zwei (oder mehr) Etappen. Gemäss der Medienmitteilung ist die Kommission zum Schluss gekommen, dass die Vorteile einer etappenweisen Umsetzung der Ehe für alle gegenüber einer Gesamtrevision überwiegen. Sie ist der Ansicht, dass die Öffnung der Ehe damit rascher als bei einer Gesamtrevision erfolgen und in Kraft treten kann. Weiter möchte sie damit vermeiden, dass die Blockierung einzelner heikler Bereiche die ganze Vorlage zum Scheitern bringen.
Die Verwaltung wird nun beauftragt, bis Februar 2019 zuhanden der Kommission eine «Kernvorlage» für die Öffnung der Ehe auszuarbeiten. Diese soll zwar die wesentlichen Elemente zur Öffnung der Ehe im Zivilrecht regeln – allerdings fehlen der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin und die Angleichung der Witwenrente.
In ersten Reaktionen begrüssen die nationalen LGBT-Organisationen «es sehr», dass nun eine konkrete Vorlage ausgearbeitet wird, fordern aber gleichzeitig, dass das «Ziel eine vollständige Gleichstellung in allen rechtlichen Fragen» sein muss. «Wir wünschen uns, dass mit der Einführung der Ehe für alle auch endlich der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin rechtlich verankert wird», sagt René Schegg von Pink Cross. Hinzu kommt, ergänzt Anna Rosenwasser von der Lesbenorganisation Schweiz, dass die Kernvorlage noch keine Regelung der Witwenrente beinhaltet (verwitwete Lesben erhalten im Gegensatz zu verwitweten Heterofrauen keine Rente): «Dieser Umstand muss ebenfalls dringend gesetzlich korrigiert werden».
In einer Mitteilung vom Transgender Network Switzerland bringt Janna Kraus die momentane Situation rund um die Öffnung der Zivilehe auf den Punkt:
Der Clou der Ehe für alle besteht eben darin, vorhandene Privilegien für eine bisher ausgeschlossene Gruppe zugängig zu machen und nicht alte Diskriminierungen neu zu verpacken. Wir haben bereits ein System, in dem gleichgeschlechtliche Paare schlechter gestellt sind. Wir sind froh und dankbar, dass die Eheöffnung erfolgen soll, aber es darf sich dabei nicht um eine Mogelpackung handeln, sondern um eine ehrliche, konsequente und vollständige Gleichstellung.