Seit 2005 findet jeweils am 17. Mai der «International Day against Homophobia and Transphobia IDAHOT», statt – in erinnern an den 17. Mai 1990. An diesem Tag beschloss die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel der Krankheiten zu streichen.
Mit einer Motion im Stadtrat forderten im April letzten Jahres die Stadträtin Tabea Rai und der Stadtrat Mohamed Abdirahim vom Berner Gemeinderat jeweils an diesem Tag in der Stadt Bern ein Zeichen gegen Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität und/oder sexuellen Orientierung zu setzen und die Stadt am 17. Mai mit Regenbogen- und Transfahnen zu beflaggen.
Jeweils im Frühling strömen sie nach Bern an die BEA – die Bäuerinnen und Bauern … und die Stadt versinkt in einem Meer von Schweizer- und Bernerfahnen. Dabei gibt es in der Schweiz mehr queere Menschen als Bäuerinnen und Bauern!
Heute in vier Monat findet der diesjährige IDAHOT statt. Ob bereits in diesem Jahr die Stadt Bern beflaggt wird? «Kaum», meint Tabea Rai auf meine Anfrage hin. «Traktandiert wird unser Vorstoss wohl noch eine Weile nicht, da der Pendenzenberg des Stadtrates ziemlich hoch ist», ergänzt die Stadträtin – und verweist mich auf die offizielle Antwort des Gemeinderats, wie sie auf der Website der Stadt Bern zu finden ist.
Der Inhalt der vorliegenden Motion betreffe inhaltlich einen Bereich, der in der Zuständigkeit des Gemeinderats liege; und dieser habe hier einen «relativ grossen Spielraum hinsichtlich des Grades der Zielerreichung, der einzusetzenden Mittel und der weiteren Modalitäten bei der Erfüllung des Auftrags», schrieb der Gemeinderat in seiner Antwort im Oktober. Der Gemeinderat sei aber bereit, «Möglichkeiten zu prüfen», wie die Stadt Bern am 17. Mai «ein angemessenes Zeichen der Solidarität gegenüber ihren lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Bürgerinnen und Bürgern» setzen könnte.
Langwierige Politik
Das weitere politische Vorgehen ist langwierig: Der Gemeinderat empfiehlt dem Stadtrat die Motion abzulehnen. Im Gegenzug ist der Gemeinderat aber bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen – um schlussendlich eben die «Möglichkeiten zu prüfen», um ein «angemessenes Zeichen der Solidarität» zu zeigen und das dauert nun wegen dem grossen Pendenzenberg des Stadtrates eben eine Weile …
Dass die Stadt Bern unkompliziert und unbürokratisch Zeichen der Solidarität gegenüber uns LGBT setzen kann, hat sie anlässlich der Pride im August 2017 charmant bewiesen. Die regenbogenfarbigen Markierungen entlang der Fussgängerstreifen vor dem Bahnhof hat die vom Bahnhof zum Bundesplatz strömenden 5000 bis 10’000 Menschen – je nach Schätzungen – sehr begeistert.
Noch immer haben in der Schweiz nicht alle Menschen die gleichen Rechte! Zeigen wir Flagge …
«Als moderne und progressive Stadt müssen wir für andere Städte ein Vorbild sein und an diesem Tag ein Zeichen setzen», schrieben Tabea Rai und Mohamed Abdirahim in ihrer Eingabe für die Beflaggung der Stadt Bern mit Regenbogen- und Transfahnen. Denn: Auch heute haben Menschen, welche sich ausserhalb der Heteronormativität befinden, nicht die gleichen Rechte. Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften können beispielsweise weder heiraten, noch Kinder adoptieren. Und noch immer auf der Liste der psychischen Störungen aufgeführt ist «Transsexualität». Dadurch sind trans Menschen weiterhin entwürdigenden, komplizierten Prozeduren und Fremdbegutachtungen ausgesetzt, um etwa ihren Personenstand ändern zu können.