Traum oder Wirklichkeit? Die Schweiz bietet allen bedrohten und geflüchteten LGBT-Menschen Asyl an!

Der gestrige Abend war wunderbar! Mein Partner und ich waren bei Freunden eingeladen – wir feierten zusammen mit unzähligen weiteren Menschen die Geburtstage der beiden Gastgeber. Zufrieden habe ich danach geschlafen. Und den heutigen Sonntag gehe relaxed und in Gedanken versunken an …

Der brasilianische Präsident: «Ich könnte einen homosexuellen Sohn nicht lieben. Ich würde es vorziehen, dass mein Sohn bei einem Unfall ums Leben kommt». Und unser Bundespräsident Ueli Maurer empfängt den homophoben Präsidenten hochoffiziell und verharmlost: Dies seien «dumme Sprüche», die er da in der Presse lese. Es gehöre sich nicht, «einen gewählten Präsidenten so zu diskriminieren».

Am Donnerstag hat der brasilianische Abgeordnete Jean Wyllys bekanntgegeben, dass er wegen Todesdrohungen sein Amt niederlegen und das Land verlassen werde: «Leben zu bewahren ist auch eine Strategie, um für bessere Zeiten zu kämpfen», schrieb der schwule Politiker auf Twitter.

Und ich frage mich, ob ich erneut das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA anschreiben soll – und anfragen, warum die Schweiz Jean Wyllys eigentlich nicht politisches Asyl anbietet? Ich werde nicht schreiben, da ich die Antwort der Pressestelle bereits kenne: «Die Schweiz ist beunruhigt über Berichte von Menschenrechtsverletzungen in Brasilien und verfolgt die Situation genau».

Soll Christen, die mit Bezug auf das Evangelium nicht der Meinung sind, dass Homosexualität «völlig normal» ist, ein Maulkorb verpasst werden? Diese Frage stellt die Eidgenössisch-Demokratische Union in ihrem «Standpunkt» ernsthaft. Mit Verweis auf die Meinungs- und Kunstfreiheit müsse sich das Christentum allerlei Verunglimpfungen gefallen lassen – dabei aber würden «ausgewählte Minderheiten» zu Opfern stilisiert, die sie in unserer heutigen Gesellschaft gar nicht sind. Deshalb hat die Partei das Referendum gegen die bereits beschlossene Erweiterung der Rassismus-Strafnorm ergriffen. (Randbemerkung: Die Rassismus-Strafnorm schützt bereits seit längerer Zeit Diskriminierung u.a. aufgrund der Religion.)

Ganz klar: Solange sich in unserem kleinen Land wegen der Erweiterung der Rassismus-Strafnorm aufgrund der sexuellen Orientierung Menschen um die Meinungsfreiheit fürchten, bleibt es wohl ein Traum, dass die Schweiz Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität um ihr Leben fürchten müssen, Asyl anbietet.

Und um den Kreis zu schliessen: Wie gut haben gestern Abend unsere Gastgeber auf Geschenke und Mitbringsel verzichtet und stattdessen für Queeramnesty gesammelt. Die Aktivist*innen dieser Untergruppe von Amnesty International arbeiten ehrenamtlich im Bereich sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Geschlechtsmerkmale. Queeramnesty übt Druck auf die Machthabenden aus und zeigen sich solidarisch mit Queer-Aktivist*innen sowie mit Opfern von Menschenrechtsverletzungen. Und die Gruppe setzt sich für queere Asylsuchende in der Schweiz ein.