Von einem privaten Moment in der Öffentlichkeit, einem Referendum und Kommentarfunktionen

Das Referendum gegen die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm mit dem Kriterium «sexuelle Orientierung» kommt wohl zustande, da die Glaubens- und Redefreiheit in Gefahr sei und wir Schwulen und Lesben es doch eigentlich nicht nötig hätten, «per Gesetz zur schwachen Minderheit degradiert» zu werden. Gleichzeit sperren «20 Minuten» und «Tagesanzeiger» beim Artikel über den «Antrag» von Sven Epiney an seinen Partner die Kommentarfunktion. Aus Angst vor Hasskommentaren?

«Ich möchte so gerne dein Mann werden!» (Bild: Screeshot SRF

Ich gebe es ja zu! Ich habe diesen emotionalen Moment gestern Abend im Schweizer Fernsehen verpasst. Aber das mediale Echo war so gross, dass ich es doch noch mitbekommen musste und dank Replay auch gucken konnte: Der Wunschschwiegersohn aller Mütter sagte knieend zu seinem Partner live im Fernsehen: «Ich möchte so gerne dein Mann werden!» Sven und Michael umarmen sich, Tränchen fliessen (auch ich verdrücke mir eins oder zwei) und das Publikum im Studio jubelt.

Dankbar für viele Klicks berichten all die Medien an diesem Sonntag über diesen Moment und schreiben: «Sven Epiney macht seinem Freund einen Heiratsantrag». Nein, machte er nicht! Er bat seinen Freund ihre Partnerschaft auf dem Standesamt rechtlich abzusichern und sich gemeinsam eintragen zu lassen. Also nix heiraten, sondern eintragen. Die Zivilehe ist nämlich noch nicht «für alle» geöffnet; für gleichgeschlechtliche Paare sind eingetragene Partnerschaften vorgesehen.

Aber sie sind wichtig, diese «herzigen» Momente gleichgeschlechtlicher Partnerschaften von Promis in der Öffentlichkeit. Als Moderator und «Saubermann der Nation» erreicht Sven Epiney viele Menschen: Nicht nur Mütter, die sich Sven als Schwiegersohn für ihre Töchter (und vielleicht auch bald wie selbstverständlich für ihre Söhne) wünschen, sondern auch junge Menschen, die noch Mut brauchen, um zu ihrer queeren Identität stehen zu können. Und deshalb danke ich Sven herzlichst für diesen emotionalen und eigentlich privaten Moment in der Öffentlichkeit.

Fast gleichzeitig mit den «herzigen» Auftritt von Sven und Michael im Fernsehen hat das Referendumskomitee «Nein zum Zensurgesetz» mitgeteilt, dass sie die Unterschriften wohl zusammenbringen. Mit der Erweiterung der Rassismus-Strafnorm um das Kriterium «sexuelle Orientierung» sei die Glaubens- und Redefreiheit in Gefahr, denn dadurch hätten gerade Pfarrer und Pastoren «grosse Mühe, biblische Wahrheiten zu zitieren». Wir Schwulen und Lesben seien «gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft», ist auf der Website des Referendumskomitees zu lesen, wir hätten «es nicht nötig, per Gesetz zur schwachen Minderheit degradiert» zu werden.

Aber warum bloss haben sowohl «20 Minuten» und «Tagesanzeiger» die Kommentarfunktionen zum Artikel zu Svens «Antrag» abgestellt? Erwarten da die Redaktionen etwa Hasskommentare?