Feindlichkeit gegen homosexuelle Menschen bleibt unbestraft

Obwohl sich über 240 Personen innert kürzester Zeit der Sammelstrafanzeige von Pink Cross gegen den PNOS-Funktionär Florian Signer angeschlossen haben, wurde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt – was erneut zeigt, wie wichtig die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm ist.

In einer heute veröffentlichten Medienmitteilung zeigt sich Pink Cross zuversichtlich, dass die Mehrheit der Bevölkerung solche Hetze nicht mehr toleriert und deshalb das von der EDU ergriffene Referendum gegen die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm an der Urne keine Chancen haben wird.

In einem Blogartikel Ende August 2018 hat Florian Signer zu einem Rundumschlag gegen homo- und bisexuelle Menschen ausgeholt: Er forderte die «Heilung» von Homosexuellen, unterstellte Homosexuellen die Unterstützung von Pädophilie und will «russische Verhältnisse» schaffen. Diese üble homophobe Hetze schockierte. Über 240 betroffene Personen – darunter auch ich – haben sich in der Folge zusammengeschlossen und am 1. Oktober Strafanzeige wegen Ehrverletzung gegen den Autor des diffamierenden, beleidigenden und hetzerischen Artikels eingereicht.

Obwohl auch der Staatsanwalt den Wortlaut und die Wortwahl als «drastisch, wertend, (tendenziell) abfällig und einseitig geschrieben» bewertet, hat er die Einstellung des Verfahrens verhängt. Dies, weil sich Signers Hetze nicht gegen einzelne Personen, sondern eine ganze Personengruppe – gegen alle Homosexuellen – richtet. Laut Bundesgericht lässt sich der Ehrverletzungsartikel im Strafgesetzbuch nicht anwenden, wenn eine ganze Personengruppe betroffen ist.

Eine absurde Situation: «Wenn sich der Hass nur gegen einzelne Personen richtet, sind diese geschützt – wenn sich der Hass aber gegen alle Homosexuellen richtet, gibt es keine Möglichkeiten, dagegen vorzugehen!», erläutert Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross. Dies zeigte sich auch beim Fall gegen Bischof Huonder im Jahr 2015, welcher implizit zu Gewalt gegen Schwule aufgerufen hatte. Auch dieses Verfahren wurde eingestellt.

Neue Möglichkeit durch den Diskriminierungsschutz

Die Staatsanwaltschaft hält in seiner Einstellungsverfügung fest, dass durch die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm solche homophobe Hetze in Zukunft strafbar sein könnte. Das Referendum aus reaktionären Kreisen verzögert jedoch dessen Einführung. «Die Schweiz muss sich nun entscheiden: Will sie eine Gesellschaft, in der ungestraft gehetzt und Hass verbreitet werden darf? Oder will sie eine Gesellschaft, welche respektvoll mit Minderheiten umgeht?», zeigt Michel Rudin, Co-Präsident von Pink Cross, auf.

Die Verbreitung von Hass und Hetze hat reale Konsequenzen für die Betroffenen: Sie fördert ein negatives Klima gegen homo- und bisexuelle Menschen in der Gesellschaft, durch das auch tätliche Angriffe befördert werden. Eine klare Verurteilung von solchen Hassaufrufen ist deshalb dringend notwendig.

«Bald küsst man im TV dann auch Schweine»

Unter dem Titel «Blanker Schwulenhass» nimmt in der heutigen Ausgabe auch der «SonntagsBlick» das Thema auf. Als auf Blick.ch am vergangenen Wochenende über die Einführung der Todesstrafe für Homosexuelle in Brunei und über den «Heiratsantrag» von Sven Epiney im Schweizer Fernsehen berichtet wurde, schrieben die Leser*innen sofort Kommentare. «Es waren viele Kommentare» schreibt der «SonntagsBlick» – und «viele davon mussten deaktiviert werden»: «Weil sie vor Schwulenfeindlichkeit strotzten. Weil ihre Sprache krud und schamlos war. Weil sie häufig ins Obszöne kippten.»

Das Moderationsteam habe Sätze lesen müssen, wie: «Gratuliere, jetzt feiert das Fernsehen schon die Perversen». Oder: «Bald küsst man im TV dann auch Schweine». 65 Prozent der Kommentare habe die Redaktion löschen müssen. Zum Vergleich: Von allen Kommentaren im März wurden 34 Prozent gelöscht.