Gestern war gestern – und heute ist heute … und gestern war IDAHOBIT

Gestern vor genau 29 Jahren hat die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität von ihrer Liste der Krankheiten gestrichen. Und 2022 soll eine neue Liste in Kraft treten – und von da an werden trans Menschen nicht mehr als verhaltensgestört gelten …

Gestern war der 17. Mai und gestern war internationaler Tag gegen Homo‑, Bi, Inter- und Transphobie oder abgekürzt IDAHOBIT. Es wurden in 13 Kantonen Vorstösse eingereicht, die verlangen, dass Hassverbrechen gegen queere Menschen – erstmal statistisch erfasst werden. Erst wenn statistisch bewiesen ist, dass Menschen tatsächlich aufgrund der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität, der Geschlechtsmerkmale oder des Geschlechtsausdrucks Hass ausgesetzt sind, werden Politik und Behörden tätig werden …

Gestern an einer Pressekonferenz sagte Roman Heggli, der Geschäftsleiter von Pink Cross: «Bei unserem internen Monitoring werden pro Woche zwei Fälle von Hate Crimes gemeldet, doch die Dunkelziffer ist enorm hoch. Zusätzlich fällt auf, dass die Angriffe kaum bei der Polizei gemeldet werden oder die Personen von der Polizei nicht ernst genommen werden.»

Apropos «ganzganzgenaunehmen»: Gestern fragte sich der Basler Aktivist Johannes Sieber auf Facebook, ob der Ausdruck «Phobie» (altgriechisch, steht für Furcht oder Schrecken) überhaupt der richtige Ausdruck für die vielen Feindlichkeiten und Hässlichkeiten gegenüber queeren Menschen sei. Er schreibt: «In noch zu vielen Ecken dieser Welt werden grundlegende Menschenrechte oder – wahlweise – schwule, lesbische oder trans Menschen mit Füssen getreten oder umgebracht». Und auch in der Schweiz engagieren sich «Exponenten der jungen SVP und religiöse Fundamentalisten der EDU politisch dafür, dass sie weiterhin LGBTI diskriminieren dürfen». Johannes zieht sein Fazit: «Phobie? Angst? Nichts dergleichen! Sie haben allesamt einen riesen Sprung in der Schüssel und massiv einen an der Waffel – im ganz und gar unguten Sinne!».

Gestern Nachmittag in Zürich: Auf Facebook und Twitter verbreitet sich ein Video, welches zeigt, wie ein Informationsstand angegriffen wird. Die Täter rissen Regenbogenfahnen runter und kippten Tische um … Haben die Täter eine Phobie, eine Furcht vor queeren Menschen? Nein, sie haben schlicht einen riesen Sprung in der Schüssel!

IKEA verschickt am Tag vor dem IDAHOBIT ein Newsletter an die Kund*innen: «Wir setzen ein Zeichen und holen die Farben des Regenbogens in die IKEA Einrichtungshäuser. Beteilige auch du dich und bekenne mit einer limitierten Ausgabe der KVANTING Tasche Farbe.» Die regenbogenfarbige Tasche gibt es für knapp zwei Stutz und solange Vorrat. Danke Henry Hohmann, dass du mir eine solche Tasche besorgt hast; werde sie mit Stolz tragen.

Offen mit seiner Homosexualität geht auch ein gewähltes Mitglied eines Kirchgemeinderates irgendwo in der Schweiz um. Als Schwuler habe er nichts in einem Kirchgemeinderat verloren, die Bibel da sehr klar. Mir liegt ein zweiseitiges Schreiben vor, in dem auf das Gröbste gegen den Mann gemobbt wird. Ein kurzes Beispiel: «Seine Neigung/sein Verlangen zu anderen Männern ist ein Ausdruck für ein Herz, das in erster Linie an eine Neigung vergeben ist, die nicht Gottes Willen entspricht. … Er stellt sich selber und seine Schwäche (bewusst?) an erste Stelle. Genauso wie Habgier, Zorn, Eitelkeit, Faulheit, Lüge, Tratsch, Wut, Selbstsucht etc. auch solche Schwächen sein können.» …

Dieser äusserst krasse Fall von Mobbing und diese unhaltbare Auslegung der Bibel haben diesem Menschen (nicht nur der Name ist mir bekannt), in eine tiefe, psychische Krise geführt. Eine therapeutische Behandlung steht ihm zu und wird von der Krankenkasse übernommen. Unterdessen dürfen die auslösenden Personen ungehindert weiter machen …