Farbanschlag in Genf: Die Verlegenheit, «ja Verwirrung» sei jetzt gross!

Im Juli wurde auf das Reformationsdenkmal in Genf ein Farbanschlag verübt – in den Farben des Regenbogens. Und sofort wurde in konservativ-christlichen Kreisen eine Botschaft vermutet (ich habe berichtet).

Nun ist mir ein Artikel in der aktuellen Weltwoche aufgefallen. «Radikale Gender-Aktivsten verüben Farbanschlag» steht da im Lead des Artikels zu lesen. Spannend denke ich! Und so erfahre ich, dass der Genfer Grossrat Sylvain Thévoz den Anschlag als «herrliche und farbenfrohe Inkontinenz» empfunden haben soll. «Ihm fehlte lediglich», schreibt die Weltwoche weiter, «die programmatische Erklärung, die der noch unaufgeklärten Menschheit den’tiefen Sinn› des Engagements für die LGBTIQ+-Bewegung erklären wurde». Und sofort bemüht sich die SVP-Postille die Menschheit aufzuklären: «Das Kürzel, das einst für die Homosexuellen zweier Geschlechter stand, wir ständig länger». Der jetzige Stand sei: «Lesben, Gays, Bisexuelle, Transen, Intersexuelle, Queers und mehr». Jürg Altwegg, dem Autor des Artikels, empfehle ich dringend doch die Hausaufgaben eines jeden Journalisten zu erledigen …

Item!

Ein spätes Bekennerschreiben habe nun aber die Wahrnehmung des Farbanschlags radikal verändert: «Die solidarische Sympathie wich nacktem Entsetzen», lese ich. Nicht weil es sich bei den Tätern doch nicht um «neofaschistische Schwulenhasser» gehandelt habe. «Nein, die Farbbeutelwerfer kommen vom radikalen Rand der LGBT-Bewegung». Und dieser «Rand» beklage sich, «dass an der Gay Pride im Zeichen des Regenbogens Wagen von politischen Parteien und multinationalen Grosskonzerne mitfuhren».

Die Verlegenheit, «ja Verwirrung» sei jetzt gross. Trotzdem wagt der Weltwoche-Autor Jürg Altwegg ein Fazit: «Die – sexuellen – Minderheiten beklagen sich nicht über ihre Diskriminierung, sie bestätigen ihre Instrumentalisierung durch die Politik». Man dürfe das nun «als unfreiwilliges Eingeständnis» deuten: Unser Kulturkampf sei gewonnen und «das ist gut so», schreibt die Weltwoche im letzten Satz des Artikels.

Nein, es ist noch nicht alles gut! Selbstverständlich distanziere ich mich von Sachbeschädigungen. Trotzdem frage ich mich, warum die Politik so verdammt lange braucht, uns doch die «gleichen Rechte» zu geben. Steht nicht in unserer Bundesverfassung, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind? Warum also macht sich die Politik so schwer, die Zivilehe «für alle» zu öffnen? Warum steht uns kein Diskriminierungsschutz zu? Warum werden noch immer auffallend viele geschlechtsangleichende Operationen an Kindern durchgeführt, deren Geschlecht nicht eindeutig zuweisbar ist? Und warum können trans Menschen noch immer nicht Geschlecht und Vornamen unbürokratisch und selbstbestimmt ändern? Und warum gibt es noch immer keine Regelung des dritten Geschlechts?