Via Facebook bin ich gerade auf einen interessanten Artikel gestossen. Auf der Website Siegessäule.de lese ich unter der Überschrift «Transfeindlichkeit in der schwulen Szene», dass trans Männer auch innerhalb schwuler Räume oft noch mit Ablehnung und Ausgrenzung konfrontiert sind.
Vor acht Jahren habe er, so schreibt Max Appenroth in seinem Artikel, den Schritt zum Coming-out als trans Mann gewagt. Und er blicke heute «eher mit gemischten Gefühlen» auf das zurück, was er bisher online aber auch in schwulen Bars, Clubs und Saunen erlebt habe: «Es war alles dabei – von netten Begegnungen bis hin zu Gewaltandrohungen, weil ich ‹abnormal› sei. Ich traf auf Personen, die mir z.B. aufgrund ihrer Unwissenheit sagten, es gebe nur trans Frauen und das so ‹etwas› wie ich gar nicht existieren würde.»
Max ergänzt und dies finde ich sehr wichtig, dass offensichtlich noch nicht alle verstanden haben, dass sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität nicht dasselbe sind. Und es ist ihm wichtig, dass «deine» schwule Community auch «meine» schwule Community sei: «Hierbei bin ich auf die Hilfe meiner schwulen cis Allies angewiesen. Setzt euch dafür ein, dass «eure» Räume offen sind für uns, denn es sind auch «unsere» Räume. Sprecht transfeindlichen Müll an, wenn ihr ihn hört.»
Gemeinsam für ein vielfältiges Miteinander
In seinem Artikel schreibt Max auch, dass sich schwule cis Männer Räume, Sichtbarkeit und das Leben und Erleben ihrer Sexualität doch erkämpfen mussten: «Deswegen sitzen diese negativen Reaktionen, die aus der schwulen Community kommen, umso tiefer».
Und genau hier setzt mein Problem mit unserer Community ein. War es nur ein Traum, dass unsere Community selbstverständlich aus vielen Sexualitäten und Identitäten besteht?
Die Lesbenorganisation Schweiz LOS feiert in diesem Jahr den 30. Geburtstag und lud vor einer Woche zu einem Podium in den wunderbaren Frauenraum ein. Thema war eine Diskussionsrunde im Schweizer Fernsehen im Jahr 1994, die Lesben erstmals in die Öffentlichkeit rückte und für die weitere Entwicklung der LOS sehr wichtig war. Und doch zu unserer Geschichte als Community gehört, dachte ich und machte mich auf den Weg in den Frauenraum, um dem Podium interessiert zu lauschen – und ich war sehr enttäuscht darüber, dass sich nicht mehr Schwule dafür interessierten. Oder war es von mir unverschämt, mich unter diese Frauen zu mischen?
Als langjähriges Vorstandsmitglied habe ich mich immer dafür eingesetzt, dass sich die Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern für alle Buchstaben unserer Community öffnen. So war es bei der Vereinsgründung vor fast 50 Jahren tatsächlich so, wie Max in seinem Artikel auf Siegessäule.de schreibt: Um die Sichtbarkeit zu erreichen, musste der Verein erstmal um Räume kämpfen. So steht etwa in der Chronik über die ersten 20 Jahre Vereinsgeschichte: «Immer wieder ging es in den Anfangsjahren bis 1979 um die Verweigerung von räumlichen Tagungs‑, Tanz- oder Vorführungsmöglichkeiten». Das erste eigene Lokal an der Brunngasse mitten in der Berner Altstadt vermietete nach langer Suche ein Pfarrer dem Verein.
Vor ein paar Monaten haben die Vereinsmitglieder dann endlich einen neuen Namen beschlossen: Aus «Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern» wurde «hab queer bern». Doch nach meiner anfänglichen Begeisterung macht sich bei mir nun allerdings eine gewisse Ernüchterung breit. Wo bleiben all die vielen queeren Menschen, die dem Verein auch tatsächlich queeres Leben einhauchen und sich beispielsweise auch im Vereinsvorstand engagieren?
War es nur ein Traum?