Teilverbot von «Konversionstherapien» in Deutschland beschlossen

Am vergangenen Donnerstag hat der Deutsche Bundestag dem «Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen» definitiv und in dritter Lesung zugestimmt: Es sollen Interventionen verboten werden, die darauf gerichtet sind, die sexuelle Orientierung oder selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person gezielt zu verändern oder zu unterdrücken.

Allerdings werden «Konversionstherapien» lediglich bei Kindern und Jugendlichen untersagt – mit einer Ausnahme: Eltern dürfen weiterhin ihre queeren Kinder zu «heilen» versuchen, allerdings nur, wenn sie dabei ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht nicht gröblich verletzen.

In einer Medienmitteilung zeigt sich die SPD queer mit dem nun beschlossenen Gesetz fast zufrieden: «Selbstverständlich hätten wir uns noch weitreichendere Regelungen gewünscht, so z.B. ein höheres Schutzalter, sowie das strafrechtliche Belangen Erziehungsberechtigter». Doch wäre es, schreibt die SPDqueer, «fahrlässig» gewesen, dieses wichtige Gesetz abzulehnen, «weil nicht alle unsere Vorstellungen umgesetzt wurden».

Nicht zufrieden ist der Lesben- und Schwulenverband LSVD: «Leider ist der Gesetzgeber den weitgehend einheitlichen Empfehlungen von Fachverbänden und Community trotz eines langwierigen Beteiligungsprozesses nicht gefolgt». Es sei nun zu befürchten, dass aufgrund erheblicher Mängel im Gesetz ein effektiver und konsequenter Schutz für Lesben, Schwule, bi und trans Menschen nicht erreicht werde. Für eine effektive Ächtung fordert der LSVD die Einführung einer Schutzaltersgrenze von mindestens 26 Jahren sowie eine generelle Strafbarkeit auch von Erziehungsberechtigten bei der Mitwirkung an Umpolungsmassnahmen an Minderjährigen. «Denn mit einer Einwilligung wird die Fürsorge- und Erziehungspflicht nicht nur in Ausnahmefällen, sondern immer gröblich verletzt», schreibt der LSVD in ihrer Medienmitteilung. Zudem ist für den LSVD klar, dass es für die effektive gesellschaftliche Ächtung weitere Massnahmen brauche: «Vor allem religiöse Autoritäten müssen öffentlich vor solchen gefährlichen Pseudo-Therapien warnen».

Der deutsche Bundesverband Trans* begrüsst das Verbot von Konversionsmassnahmen: «Wir freuen uns sehr, dass die Bundesregierung Konversionsmassnahmen verbieten möchte und dass nicht nur sexuelle Orientierung, sondern auch Geschlechtsidentität geschützt werden soll». Obschon während dem Gesetzgebungsverfahren die queeren Verbände «in vorbildlicher Weise sehr gut eingebunden waren», sei es aber enttäuschend, dass «den ausgesprochenen Empfehlungen nicht gefolgt wurde und das Gesetz dadurch Schutzlücken» aufweise. Diese müssten noch geschlossen werden, um insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene wirksam zu schützen. «Andernfalls finden Konversionsmassnahmen weiterhin statt», ist sich der Bundesverband Trans* sicher.

Das nun beschlossene Gesetz biete keinen rechtssicheren Schutz vor allen gängigen Konversionsmassnahmen, da das Gesetz explizit nur von «Konversionsbehandlungen» spreche: «Hiermit sind nur Eingriffe in den Körper einer Person erfasst. Konversionsmassnahmen, die psychologisch wirken sollen, und Verfahren wie Exorzismen sind damit nicht erfasst.» Der Begriff «Behandlung» unterstelle zudem, dass «Heilung» stattfinde.

In ihrer Medienmitteilung schreibt der Bundesverband Trans* weiter: «Das Bedrohliche an diesem Gesetz ist, dass es Erziehungsberechtigten suggeriert, dass es im Rahmen von Erziehung legitime Konversionsmassnahmen geben könnte». Aufgrund dieser Formulierung sei davon auszugehen, dass Erziehungsberechtigte diese Rechtslücke ausnutzen und selbst Konversionsbehandlungen an ihren Kindern oder Schutzbefohlenen durchführen werden.