… sie stören sich in erster Linie am geplanten Zugang zur Samenspende …

Heterosexualität perfekt in Szene gesetzt: Albert Rösti (Jahrgang 1967), aufgewachsen als Bauernsohn in Kandersteg, verheiratet mit Theres Rösti-Neuenschwander, zwei Kinder. Bild: albertroesti.ch

Am 18. Dezember 2020 beschloss unser Parlament die Zivilehe auch für uns gleichgeschlechtlichen Paare zu öffnen. Allerdings nicht ganz ohne Kompromisse, werden doch nicht alle Regenbogenfamilien durch die Ehe tatsächlich rechtlich abgesichert – sondern nur, wenn das Kind durch eine Samenbank in der Schweiz gezeugt wurde. Lassen wir uns aber die Freude über die «Ehe für alle» nicht verderben.

Ob allerdings schlussendlich der 18. Dezember 2020 in unsere Geschichte eingehen wird, ist noch unsicher. Vielleicht wird es auch der Tag sein, an dem wir den Abstimmungskampf an der Urne gewinnen werden! Die Geschichte wiederholt sich: So wie bei der Einführung des Partnerschaftsgesetzes soll auch gegen die Öffnung der Ehe das Referendum ergriffen werden.

  • Schlussabstimmung im Parlament am 18. Juni 2004: Das Bundesgesetz für die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare wird angenommen.
  • Nationale Abstimmung am 5. Juni 2005: Mit 58 Prozent sagt das Volk ja zum Partnerschaftgesetz.
  • Januar 2007: Das Bundesgesetz für die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare tritt in Kraft.

Noch bevor die «Ehe für alle» im Parlament verabschiedet wurde, drohte die Eidgenössische Demokratische Union (EDU) mit einem Referendum. Nun wollen auch einzelne Politiker der SVP und der CVP das Referendum ergreifen – sie stören sich in erster Linie am geplanten Zugang zur Samenspende für lesbische Frauen.

Offenbar sitzen im Referendumskomitee nur Männer – darunter namhafte SVP-Grössen wie der Parteipräsident Marco Chiesa und dessen Vorgänger Albert Rösti. Mit im selbigen Boot ist auch SVP-Nationalrat Thomas Aeschi. Er will nicht nur aufgrund des Zugangs zur Samenspende das Referendum ergreifen: «Die Ehe muss die Vereinigung von einem Mann und einer Frau bleiben», zitierte ihn eine Zeitung aus der Westschweiz.

Ich bin überzeugt: Falls tatsächlich die nötigen Unterschriften zusammenkommen, werden wir wie 2005 auch diesen Abstimmungskampf gewinnen. Obschon: Es ist ziemlich enttäuschend, dass es noch immer Schweizer*innen gibt, die uns nicht die gleichen Rechte geben wollen.

Die Argumente gegen unsere gleichen Rechte sind wie bei Krampf (und Kampf) um das Partnerschaftsgesetz die gleichen: So bezeichnet die EDU die Öffnung der Zivilehe als «Fake»: Die Ehe sei die «natürliche Lebensgemeinschaft von Mann und Frau», nur aus dieser Verbindung würden Kinder entstehen. Die «Ehe für alle» ohne Verfassungsänderung sei zudem ein «taktisch und ideologisch motiviertes Manöver», um den Rechtsstaat auszuhebeln.

Es bleiben nun rund 100 Tage Zeit, um 50’000 Unterschrift gegen die «Ehe für alle» zu sammeln. Gelingt dies nicht, werden wir voraussichtlich ab 1. Januar 2022 heiraten können. Ansonsten verschiebt sich dieser Termin unnötigerweise nochmals … und wir warten weiter.