Erste Verurteilung nach der Erweiterung der Rassismus-Strafnorm

Schlagzeile im gestrigen Tages-Anzeiger, die mich neugierig macht: «Wer Schwule diskriminiert, landet beim Geheimdienst».

Wer gegen Homosexuelle hetzt, soll strafrechtlich verfolgt werden. Dank der vor knapp einem Jahr an der Urne zugestimmten Erweiterung der Rassismus-Strafnorm ist dies nun auch möglich. Aber warum kümmert sich da sogar der Geheimdienst drum? Und was ist passiert?

Ein 18-jähriger EVP-Politiker findet, dass es die «Pädophilie fördert», wenn gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption von Kindern erlaubt werde. Und diese Meinung zwitscherte er im vergangenen September auch prompt via Twitter in die weite Welt hinaus. Und für diesen Tweet wird er wohl als erste Person in der Schweiz wegen des Verbots der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verurteilt. Im noch nicht rechtskräftigen Strafbefehl vom 3. Dezember hält die Staatsanwaltschaft Bischofszell fest, der Jungpolitiker – er wurde in der Zwischenzeit von seiner Partei ausgeschlossen – stelle in seinem Tweet «homosexuelle Menschen als minderwertige Menschen dar».

Falls er die Strafe akzeptiert – und danach sieht es offenbar im Moment nicht aus – droht ihm eine Geldstrafe und ein Eintrag im Strafregister. Und am Schluss des Strafbefehls steht zudem geschrieben, dass eine Kopie dem Nachrichtendienst des Bundes weitergeleitet werde.

Eigentlich ist der Nachrichtendienst für die Bekämpfung von Terrorismus und Spionage, der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Verhinderung von Cyberangriffen sowie Gewaltextremismus zuständig. Wegen einem – wie der Tages-Anzeiger schreibt – «Relikt aus den 30er-Jahren» landen immer wieder Strafbefehle und Urteile aufgrund der Rassismus-Strafnorm beim Nachrichtendienst. Die Kantone sind in der sogenannten Meldeverordnung dazu verpflichtet, auch Verstösse gegen die Rassismus-Strafnorm zu melden. Und diese Meldeverordnung stamme aus einer Zeit, als es noch keine gesamtschweizerische Strafprozessverordnung gab – und heute deshalb nicht mehr notwendig sei …

Dieser Meinung ist gemäss dem Tages-Anzeiger auch der Zürcher Kantonsrat und SVP-Politiker Claudio Schmid, der immer wieder Personen, die aufgrund des Diskriminierungsartikels strafrechtlich verfolgt und dem Nachrichtendienst gemeldet wurden, berät. «Mit der Zeit stellten sich bei ihm Bedenken ein, ob diese Praxis korrekt sei», schreibt die Zeitung. Claudio Schmid wandte sich deshalb an die Geheimdienstaufsicht von National- und Ständerat und diese signalisierte, dass die Meldeverordnung veraltet und nutzlos sei.

Der gleiche Claudio Schmid wurde vom Tages-Anzeiger auch im Februar 2019 zur Erweiterung der Rassismus-Strafnorm zitiert: «Wer inskünftig ein Schwulenwitzchen erzählt, kassiert bis zu drei Jahre Gefängnis», warnte der SVP-Kantonsrat damals – als noch unklar war, ob das Referendum gegen die Erweiterung überhaupt zustande kommt.