Was ändert sich jetzt?

Wir kennen das Spiel bereits: Vom Parlament werden mit gesetzlichen Anpassungen unsere Rechte verbessert – und Ewiggestrige sammeln Unterschriften und erzwingen so eine Volksabstimmung. Heute nun haben die Stimmberechtigten an der Urne der Öffnung der Zivilehe zugestimmt – nachdem eben gegen die Gesetzesvorlage das Referendum ergriffen wurde.

Damit bleibt die Ehe als Rechtsinstitut eigentlich unverändert. An den gesetzlichen Rechten und Pflichten der Ehepartner*innen ändert sich nichts. Einzig gleichgeschlechtliche Paare können jetzt auch eine Ehe abschliessen. Das seit 2007 gültige Sonderrecht mit der eingetragenen Partnerschaft wird abgeschafft. Diese war in vielen Bereichen der Ehe zwar rechtlich gleichgestellt – etwa im Steuer‑, Unterhalts‑, Namens- oder Vermögensrecht. Beim Zugang zur Adoption und zur Fortpflanzungsmedizin waren Paare in eingetragener Partnerschaft gegenüber Ehepaaren jedoch benachteiligt, ebenso bei der Einbürgerung.

Mit der Öffnung der Ehe wird also niemandem etwas weggenommen! Und auch die religiöse Ehe ist von der «Ehe für alle» nicht betroffen. Kirchen können nach der Öffnung der Zivilehe weiterhin selbst bestimmen, wer bei ihnen vor den Altar tritt. Die «Ehe für alle» verwirklicht aber ein Grundrecht – die längst überfällige und vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.

Die «Ehe für alle» fördert die Akzeptanz

Die Öffnung der Zivilehe hat zudem gesellschaftliche Auswirkungen. Sie hat Signalwirkung für die Gesellschaft und die Arbeitswelt. Befragungen in mehreren Ländern zeigen, dass die Einführung der «Ehe für alle» die Akzeptanz von homosexuellen Menschen in der Gesellschaft fördert, Konstrukte wie die eingetragene Partnerschaft aber zu einer gewissen Stigmatisierung führen. Solche Stigmatisierungen und Diskriminierungen finden auch am Arbeitsplatz statt, wo Schwule und Lesben oft unter Hänseleien, sozialer Ausgrenzung und dem sogenannten Zwangsouting leiden: Der Zivilstand «in eingetragener Partnerschaft» macht die sexuelle Orientierung zwangsläufig sichtbar.

Nicht zuletzt wirkt sich die «Ehe für alle» positiv auf die psychische Gesundheit von Lesben und Schwulen aus: Eine Studie aus den USA zeigt, dass die psychische Gesundheit von homo- und bisexuellen Menschen deutlich schlechter ist in Staaten mit erhöhter struktureller Diskriminierung als in Staaten ohne strukturelle Diskriminierung. Mehrere Studien aus der Schweiz zeigen, dass gerade bei jungen homo- und bisexuellen Menschen die Suizidgefahr bis zu fünfmal höher ist als bei heterosexuellen Jugendlichen. Dies kann unter anderem auf die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz, die stärkere Diskriminierung und die fehlende rechtliche Gleichstellung zurückgeführt werden.

Die «Ehe für alle» trägt also massgeblich dazu bei, die Lebenswirklichkeit lesbischer und schwuler Menschen zu verbessern.