Alles soll verboten werden

Kaja Godek und ihre vom konservativen Flügel der katholischen Kirche gestützte «Stiftung für das Leben und die Familie» haben es geschafft und genügend Unterschriften gesammelt – somit muss das polnische Parlament (Sejm) nun über einen Gesetzesentwurf beraten, der den Titel «Stop LGBT» trägt.

Die Gesetzesvorlage will eigentlich alles verbieten, was irgendwie nach «Regenbogen» aussieht. So will der Entwurf nicht nur Regenbogenparaden, sondern jedwedes öffentliche Eintreten für neue Rechte sexueller Minderheiten verbieten: etwa für die Einführung der in Polen bisher nicht erlaubten gleichgeschlechtlichen Ehe oder die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare. Auch ein Unterricht an Schulen, der über Homosexualität oder Geschlechtsidentität aufklärt, soll verboten werden.

Verboten werden soll auch öffentliches Verhalten oder öffentliche Handlungen, die die «Moral» angreifen, besonders solche, die Kinder oder Jugendliche unter 18 Jahren «verderben oder demoralisieren» könnten. Zur Begründung wärmen Godek und Konsorten längst überholte Vorwürfe auf, dass etwa Homosexuelle oft für Kindesmissbrauch verantwortlich seien oder Kinder zu Homosexualität verführen wollten.

Politische Stimmungsmache gegen LGBT

Viele Politiker*innen von Polens nationalkonservativer Regierung Pis betreiben seit Monaten offene Stimmungsmache gegen queer Menschen. Knapp hundert Städte und Regionen haben sich in Polen zu «LGBT-freien Zonen» erklärt. Doch zuletzt hatten mehrere Regionen diesen Status wieder aufgehoben, nachdem die EU die Verhandlungen über Fördergelder in Milliardenhöhe ausgesetzt hatte.

Und noch ein queerer Blick in den Süden der EU

Die polnische Hauptstadt Warschau ist rund 1100 Kilometer von Bern entfernt. Die italienische Hauptstadt Rom ist mit rund 700 Kilometern zwar näher – aber in Sachen queeren Rechten auch noch «hinter dem Mond». Fast gleichzeitig mit dem Einbringen der Gesetzesvorlage «Stop LGBT» im polnischen Parlament hat der italienische Senat ein Gesetzespaket versenkt, das den Schutz von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten hätte stärken sollen. In Italien darf also weiterhin ungestraft gegen Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten gehetzt werden. Und der Senat hat damit klargemacht, dass konservative Normen der Mehrheitsgesellschaft (und der katholischen Kirche) noch immer hoch gewichtet werden.


Der Sejm der Republik Polen bildet neben dem Senat eine der beiden Kammern der polnischen Nationalversammlung. Er zählt zu den ältesten Parlamentseinrichtungen der Welt. Gesetze werden vom Sejm verabschiedet. Falls sie vom Senat oder vom Staatspräsidenten geändert bzw. abgelehnt werden, benötigen sie eine qualifizierte Mehrheit. Die Mehrheit im Sejm haben nationalkonservativen und rechtspopulistische Politiker*innen.

Das italienische Parlament besteht aus zwei Kammern: dem Senat und der Abgeordnetenkammer. Jedes italienische Gesetz bedarf der Zustimmung beider Kammern. Zudem muss der Staatspräsident muss zudem jedes Gesetz unterzeichnen, bevor es in Kraft treten kann.