Regierungsrat des Kantons Bern gegen Verbot von Konversionstherapien

SRF-Reporter Livio nimmt undercover teil an einer «Konversionstherapie» teil.

Ende November 2021 wurde von Grossratsmitgliedern der Grünen, SP, AL, GLP, FDP, SVP und Mitte die Motion «Konversionstherapie im Kanton Bern verbieten» eingereicht. Am vergangen Montag wurde nun die Antwort des Berner Regierungsrats publiziert – und spricht sich dagegen aus, sogenannte Konversionstherapien im Kanton Bern gesetzlich zu verbieten. Wenn schon wäre dies Aufgabe des Bundes. Ein Schelm wer da jetzt Böses denkt: Zuständiger Regierungsrat ist Pierre Alain Schnegg, der Chef der Gesundheits‑, Sozial- und Integrationsdirektion.

Konversionstherapien sind ein schwerer Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen und müssen deshalb unter Strafe gestellt werden. In seiner Antwort hält auch der Regierungsrat fest, dass Homosexualität keine Krankheit ist und daher auch keiner Therapie bedürfe – was auch für alle Formen von Geschlechtsidentitäten gelte. Zudem ist sich der Regierungsrat «aufgrund von Hinweisen aus Fachkreisen» auch sicher, dass solche «Umpolungsversuche» auch im Kanton Bern durchgeführt würden. Offiziell seien allerdings keine Fälle bekannt.

Zwar gebe in der Schweiz keine spezifische Strafnorm gegen Konversionstherapien. Doch, da ist sich der Regierungsrat sicher, «könnten» bestimmte Tätigkeiten in innerhalb solcher Therapien strafbar sein – etwa bei Verstössen gegen die körperliche Integrität, das Vermögen oder die persönliche Freiheit. Zudem könne jede Person Meldung bei der Kinderschutzbehörde KESB erstatten, wenn sie von der Gefährdung einer minderjährigen Person Kenntnis habe. Fachpersonen, die beruflich regelmässig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben, seien bei Hinweisen auf eine Gefährdung sogar zur Meldung verpflichtet.

Was ist die Alternative zu einem Verbot? Nur ein klein wenig therapieren? Nur ein wenig an der Oberfläche verbiegen?

Und eben: Eine allfällige Ergänzung des Strafgesetzbuchs mit einer neuen Strafnorm sei Aufgabe des Bundes, betont der Regierungsrat, dass Kantone hier individuelle Bestimmungen erarbeiteten, sei nicht sinnvoll.   Ja, es gibt diese «Umpolungsversuche»! Davon hat vor kurzem das Schweizer Radio und Fernsehen berichtet. Zu den psychischen und physischen Schäden, die Konversionstherapien bei Menschen verursachen können, gehören ein erheblicher Verlust des Selbstwertgefühls, Angstzustände, Depressionen, soziale Isolation, Beziehungsprobleme, Selbsthass, Scham, Schuldgefühle, sexuelle Störungen, Selbstmordgedanken und ‑versuche sowie Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diese Praktiken sind darum sehr gefährlich und fallen nicht in den Rahmen der Meinungsfreiheit oder der Gewissens- und Religionsfreiheit, da sie grosse Leiden verursachen.

Das Anliegen eines Verbots von Konversionstherapien wurde bereits mehrmals auf nationaler Ebene traktandiert. So zuletzt im Oktober 2021 im Nationalrat. Und darauf antwortete der Bundesrat wie folgt: «Eine Verletzung von Berufspflichten kann schon heute durch die Kantone sanktioniert werden und zu Disziplinarmassnahmen bis zum Verbot der Berufsausübung führen». Somit nimmt der Bundesrat die Kantone hier in die Pflicht. Zudem sind unabhängig einer allfälligen künftigen nationalen Regelung viele Kantone vorangegangen und haben die Konversionstherapie auf ihrem Gebiet verboten. Es gibt keinen Grund, auf eine nationale Regelung zu warten und derweil weiteres Leid zu akzeptieren – auch im Kanton Bern nicht!