Mein Wort zum Sonntag: Brunch am Sonntag

Am nächsten Dienstag – am 11. Oktober – ist Coming-out-Day, den es seit 1988 gibt. 

Im Vordergrund des COD stehen drei Gründe: Erstens: Queere Menschen – sofern sie persönlich dazu bereit sind – sollten sich öffentlich zeigen. Zweitens: «Sich zeigen, zu sich stehen» ist nicht nur eines der besten und wirksamsten Mittel gegen Queerfeindlichkeit, es macht auch anderen Mut, die diesen Schritt noch nicht gewagt haben. Drittens: Die heteronormative Bevölkerung soll darüber aufgeklärt werden, warum es schwierig sein kann, sich zu outen und offen zu leben.

Heute Vormittag hat hab queer bern zum Brunch eingeladen. Nur gerade 15 Menschen sind der Einladung gefolgt und haben im Marcel’s Marcili viele Leckereien vom liebevoll hergerichteten Buffet genossen. Vielen Dank, lieber Marcel, für die Gastfreundschaft. 

Auf dem Weg ins Marzili fragte ich mich, warum sich nicht mehr Leute für den Brunch angemeldet haben. Hat das Motto «Coming-out» abgeschreckt? Ist der Coming-out-Day gar nicht mehr nötig?

Ich setzte mich zu zwei Männern, für die das Thema «Coming-out» noch immer wichtig ist. Da der knapp 70-Jährige, der aus einem osteuropäischen Land stammt, das ihn und seinen Umgang zu seiner Homosexualität noch immer ausbremst. Da war auch der knapp 60-Jährige, der vor ein paar Monaten sein Coming-out schaffte und nun Kontakt zur Community sucht.

Nach drei Stunden im Marcel’s Marcili war ich nicht nur satt vom feinen Essen, sondern auch überzeugt, dass es weiterhin sichere Treffpunkte für queere Menschen braucht. Es tut gut, sich mit seinesgleichen austauschen zu können – solange ein Coming-out noch immer noch immer eine Gratwanderung zwischen selbstbewusstem und stolzem Auftreten sowie dem Aushalten des Drucks der Gesellschaft.

Das Logo zum COD stammt übrigens von Keith Haring und zeigt eine Person, die aus einem Wandschrank heraustanzt. Coming-out (von englisch «coming out of the closet» bezeichnet zumeist den individuellen Prozess, sich seiner eigenen gleichgeschlechtlichen Empfindungen oder seiner von gesellschaftlich festgelegter geschlechtlicher Identität oder Geschlechterrolle abweichenden Empfindungen bewusst zu werden und zu akzeptieren – und dies anschliessend dem näheren familiären und sozialen Umfeld mitzuteilen.


Meine Coming-out-Geschichte, erzählt im Dezember 2014 für «Es Wird Besser Schweiz».