Nochmals: Meinungsfreiheiten

Thema meiner sonntäglichen Kolumne am Neujahrstag war die Meinungsfreiheit – boten doch die queerfeindlichen Äusserungen eines noch amtierenden Nationalrates und eines verstorbenen ehemaligen Papstes eine tolle Steilvorlage zu eben diesem Thema.

Weil das deutsche Online-Magazin queer.de den verstorbenen Papst Josef Ratzinger als «grössten queerfeindlichen Hetzer» bezeichnete, wurde nun wegen «Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener» gegen das Magazin ein Strafverfahren eingeleitet – wie ein Sprecher der Berliner Polizei bestätigte, aber nicht verraten wollten, wer Anzeige erstattet habe.

Micha Schulze, der Herausgeber des Online-Magazins sagte gegenüber dem Berliner Tagesspiegel: «Wir erleben seit einiger Zeit, dass queerfeindliche Gruppierungen und Personen unsere Redaktion mit Strafanzeigen – oder der Drohung, Anzeige zu erstatten – einschüchtern wollen». Im Fall des verstorbenen Papstes sei er aber entsetzt darüber, dass nun tatsächlich Ermittlungen laufen. «Mein Vertrauen in den Rechtsstaat und die Pressefreiheit in Deutschland ist aber gross genug, dass ich mir eine Anklage oder gar Verurteilung nicht vorstellen kann.» Zudem sei ja die queerfeindliche Gesinnung des verstorbenen Papstes leicht zu belegen.

In einer heute Mittag veröffentlichten Stellungnahme hält Herausgeber Micha Schulze nochmals klar fest: «Joseph Ratzinger hat mit seiner Hetze viele gläubige queere Menschen in schwere religiöse Konflikte bis hin zum Suizid getrieben». Dafür habe er sich nie verantworten müssen.

Und noch zu Andreas Glarner: Auf Facebook und Twitter schrieb der Nationalrat, dass die deutsche Bundestagsabgeordnete Tessa Ganser «keine Frau» sei. Dafür habe ich Glarner wegen Hassrede gemeldet – und die Antworten waren ernüchternd.

Facebook bedankte sich zwar nett bei mir für die Meldung und schrieb, dass es richtig war, «dass du uns darüber informiert hast». Trotzdem verstosse der Beitrag aber nicht gegen die Gemeinschaftsstandards – verstehe aber, «dass er dich und andere trotzdem beleidigt». Und Twitter schrieb: «Gewalt fördern oder Menschen aufgrund ihrer Identität (wie ethnischer Zugehörigkeit oder Geschlecht) bedrohen oder belästigen» verstosse zwar gegen die Sicherheitsrichtlinien von Twitter, im Fall von Andreas Glarner sei dieser Vorwurf aber nicht gegeben.

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