Bundesgerichtsentscheid: Es gibt weiterhin nur «männlich» und «weiblich»

Queere – insbesondere intergeschlechtliche und nichtbinäre – Personen, haben auf die für heute angekündigte Entscheidung gewartet, entsprechend ist die Enttäuschung gross: Das Bundesgericht lehnt es einstimmig ab, die Angabe des Geschlechts im Geburten- und Zivilstandsregister zu streichen.

Julian, eine in Deutschland lebende Person schweizerischer Nationalität hat 2019 in Berlin – gestützt auf deutsches Recht – die Geschlechtsangabe streichen lassen, das zuständige Standesamt beurkundete die Erklärung. Julian ersuchte in der Folge in der Schweiz um Anerkennung der in Deutschland vorgenommenen Streichung des Geschlechtseintrages. Das Departement für Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau lehnte die Nachbeurkundung und Anerkennung ab. Das Obergericht des Kantons Aargau hiess Julians Beschwerde 2021 gut und ordnete die Streichung der Geschlechtsangabe im schweizerischen Personenstands- und Geburtsregister an. Heute nun hat das Bundesgericht eine Beschwerde des Bundesamtes für Justiz bestätigt und hob den Entscheid des Aargauer Obergerichts auf.

Begründung: Die Streichung der Geschlechtsangabe im Personenstandsregister sei mit Bundesrecht nicht vereinbar. Dabei stützt sich das Bundesgericht auf das geltende Recht, das es verunmögliche, im Personenstandsregister einen leeren Eintrag oder ein drittes Geschlecht zu führen. Ein Grundsatzentscheid sei dies nicht, es sei einzig um eine konkrete rechtliche Frage gegangen – das Bundesgericht sei aufgrund der Gewaltenteilung nicht befugt, davon abzuweichen. Bundesrat und Parlament müssten erst die Gesetze ändern.

In einer Medienmitteilung schreibt Transgender Network Switzerland (TGNS), dass «der Wink mit dem Zaunpfahl» des Bundesgerichts, dass der Gesetzgeber nun tätig werden soll, überdeutlich sei: «Der gesellschaftliche Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, und für uns ist die staatliche Anerkennung unserer Existenzen so fundamental, dass wir diese weiterverfolgen werden.»